Das Executive MBA-Studium während der Corona-Pandemie - Chancen und Herausforderungen

Wie man Unternehmenskrisen erkennt und meistert, lernen die Studierenden des CUR Executive MBA-Studiengangs bereits seit 20 Jahren. Der aktuelle Studienjahrgang erlebt den Umgang mit der größten Krise der Nachkriegszeit allerdings am eigenen Leib. Dass das auch positive Seiten hat, erfahren wir im Gespräch mit Professor Jörg Baetge und Professor Martin Artz.

Die Corona-Pandemie hat die Welt weiter fest im Griff – haben Sie in Ihrer Laufbahn an der Universität etwas Derartiges bereits erlebt?

Prof. Baetge: 

Nein, etwas Derartiges habe ich noch nicht in meinem Leben erfahren. Ich bin sehr glücklich darüber, dass wir in der heutigen Zeit die technischen Möglichkeiten haben, um eine solche Herausforderung zu meistern. Wenn alle Studierenden ein Jahr aussetzen müssten, wäre das eine Katastrophe. Daher bin ich auch sehr besorgt über die Entwicklungen in unseren Schulen.

Prof. Artz: 

Eine derartige Veränderung in so kurzer Zeit hatten wir bisher noch nicht. Das zeigt ja auch die öffentliche Diskussion, die Vergleiche mit der Spanischen Grippe und dem 2. Weltkrieg anstellt. Das zeigt die Dimension, der wir uns insgesamt ausgesetzt sehen und das spiegelt natürlich die Situation wider, der sich Universitäten ausgesetzt sehen. Nichtsdestotrotz sind wir als Universität gut darauf vorbereitet. Wir haben insgesamt an der WWU Münster und insbesondere im Executive MBA-Studiengang – das zeigen auch die Reaktionen der Teilnehmer des letzten Jahrgangs – diese Herausforderung sehr gut gemeistert.

Für unsere Studierenden sehe ich aktuell zudem die große Chance, dass sie die Fähigkeit zur Entscheidungsfindung unter unsicheren Rahmenbedingungen ausbilden können. Auch in der Zukunft sind branchenspezifische Schocks zu erwarten, wenn auch nicht in dieser Intensität. Aber wenn wir an technologische Umwälzungen, an verändertes Kundenverhalten oder an massive Wettbewerbsreaktionen denken, die von heute auf morgen die Geschäftsgrundlage ganzer Industrien verändern können, dann können wir in dieser Situation für die Zukunft sehr viel lernen und unsere Absolventen darauf vorbereiten.

Wie bewerten Sie den Nutzen der digitalen Lehrveranstaltungen für die Studierenden?

Prof. Artz: 

Die digitalen Lehrveranstaltungen bereiten die Studierenden darauf vor, wie die moderne Arbeitswelt auch nach der Pandemie aussehen wird. Wir beobachten im Moment, wie sich Arbeitsroutinen ändern und erwarten, dass sehr viel Interaktion in der Online-Umgebung stattfinden wird. In unserem Studiengang ist nicht nur das was wir unterrichten, sondern auch wie wir es unterrichten, wegweißend dafür, wie in Unternehmen nach Corona kommuniziert werden wird. Die Studierenden werden die Fähigkeiten, in digitaler Umgebung argumentieren zu können, eigene Gedanken einzubringen und präsentieren zu können, in Zukunft für Ihre Karriereentwicklung benötigen.

Aktuell sind wir natürlich alle ein Stück weit digitalmüde – in Zukunft, wenn viele der alltäglichen Kontakte wieder in der realen Welt stattfinden können, wird dies nicht mehr so sein. Der dann geringere Anteil an digitaler Kommunikation, den wir in Zukunft haben werden, wird abwechslungsreich und produktiv sein. Und auch darauf müssen wir unsere Absolventen vorbereiten. 

Prof. Baetge: 

Wir haben erlebt, dass die Studierenden Fragen stellen und wir darauf eingehen können. So gestalteten sich die virtuellen Vorlesungen lebhaft und wenn man berücksichtigt, dass die Studierenden nicht reisen müssen, finde ich die digitale Lehre sogar vorteilhaft. Natürlich macht den Studierenden - und auch mir - eine Präsenzvorlesung mehr Spaß. Man sitzt in U-Form und ich gehe auch herum und, wenn jemand eine gute Antwort gibt, dann sage ich auch „Give me Five“ und da haben die Studierenden auch riesig Spaß dran.

Also es hat positive Aspekte, es ist eine große Erleichterung und wenn die Studierenden mitmachen, dann ist es gar nicht schlecht – es wäre ein Unglück, wenn wir diese technischen Möglichkeiten nicht hätten. Die Anwesenheit in Münster hat natürlich den Vorteil, dass man den Menschen persönlich erlebt und in seine Augen schauen kann.

Was ist Ihre Empfehlung an unsere Studierenden?

Prof. Artz: 

Diese Problematik der aktuellen Situation – Digitalisierung, virtuelle Vorlesungen und das hohe Maß an Unsicherheit, das damit einhergeht – erfordert deutlich mehr Eigeninitiative und Selbstdisziplin. Dies klingt nun erstmal sehr negativ und problembehaftet. Aber es ergibt sich die ganz große Chance, daraus etwas für zukünftige Herausforderungen zu lernen, die man als Nachwuchsführungskraft zu meistern hat.

Während wir die fachlichen Inhalte des Studiums auch digital übermitteln können, gibt es eine größere Verpflichtung der Studierenden – und da unterstützen wir so gut wie möglich – soziale Interaktion zu pflegen. Die Studierenden sollten Sorge dafür tragen, dass sie in Vorlesungen aktiv partizipieren, Fragen stellen und Erfahrungen einbringen, um eine lebhafte Atmosphäre zu schaffen. Die sichtbare Zurückhaltung in einer digitalen Umgebung, was Wortbeiträge angeht, gilt es aufzubrechen, um eine inhaltliche Diskussion zu ermöglichen. Da ist mehr Eigeninitiative gefragt als in der natürlichen Umgebung, in der alle im einem Raum sitzen. Ich empfehle allen Studierenden diese Herausforderung als Chance zu begriefen, sich in Ihrem EMBA-Studium für die digitale Arbeitsumgebung fit zu machen. 

Prof. Baetge: 

Dadurch, dass die Studierenden nicht reisen müssen und im Homeoffice mehr Zeit haben, sollten sie diese Zeit nutzen, um sich intensiv weiterzubilden. Das Executive MBA-Studium vermittelt nicht nur Wissen, sondern der Abschluss ist auch eine sehr gute Basis für die weitere Karriereentwicklung. Der persönliche Kontakt mit den Kommilitonen kann zudem hoffentlich bald nachgeholt werden.

 

Das Gespräch führte Konstantin Heinrich.